Der neue Präsident des Landesrechnungshofs, Jens Michel, hält an der Linie seines Vorgängers zum Umgang mit Sachsens Corona-Schulden fest. «Der Sächsische Rechnungshof hat schon im September dieses Jahres die Gedankenspiele zur Verlängerung der Tilgungsfristen in der sächsischen Verfassung gerügt. An dieser Position hat sich auch durch den Beginn meiner Präsidentschaft nichts geändert», sagte Michel am Mittwoch bei der Vorstellung des zweiten Teils des Jahresberichts. Er hatte das Amt im September von seinem Vorgänger Karl-Heinz Binus übernommen.
Michel betonte, es gehe nicht um eine «Tilgungsfalle», sondern um eine «Schuldenfalle». «Auch von mir geht daher der Appell an die verantwortlichen Politiker, sich der Aufgabe zu stellen und die aufgenommenen Schulden zügig zu tilgen, statt sie mittels einer Verfassungsänderung in die Zukunft zu verlagern.» Eine Verlagerung nehme künftigen Politikern den Handlungsspielraum.
Laut der jüngsten Steuer- und Haushaltsschätzung würden 4,4 Milliarden Euro Mehreinnahmen erwartet. Die verausgabten Corona-Kredite umfassten dagegen zwei Milliarden Euro, betonte Michel. «Selbst wenn die geschätzten Einnahmen nur zur Hälfte kommen, könnten die Corona-Kredite getilgt werden. Es ist eine Frage des Wollens.»
In der vergangenen Woche hatte Finanzminister Hartmut Vorjohann (CDU) angekündigt, dass der Freistaat die Tilgung seiner Schulden aus der Corona-Krise zeitlich strecken wolle. Der Minister nannte einen Zeitraum von zwölf Jahren. Dieser ist laut Vize-Ministerpräsident Wolfram Günther (Grüne) jedoch umstritten.
Er sei überrascht gewesen, wie gut die sächsischen Kommunen finanzpolitisch durch die Pandemie gekommen seien, sagte Michel. Laut dem Bericht des Rechnungshofs blieben die kommunalen Haushalte auch im Pandemie-Jahr 2020 trotz der finanziellen Einschnitte stabil. Zwar seien die Einnahmen aus der Grundsteuer und die Anteile an der Umsatzsteuer nahezu unbeeinflusst geblieben, die Einkommens- und Gewerbesteuereinnahmen jedoch eingebrochen, sagte Rechnungshofdirektor Peter Teichmann.
Ausgeglichen wurden die Haushaltslöcher demnach durch Hilfen des Freistaats und eine Einmalzahlung des Bundes. «In zahlreichen Kommunen kam es 2020 sogar zu einer Überkompensation. Insgesamt überstiegen die kommunalen Einnahmen die gestiegenen Ausgaben», berichtete Teichmann. Einzelne Kommunen seien in einer Schieflage, die auf strukturellen Defiziten beruhe.
Der Rechnungshof rügte zudem, dass beim Kauf und Verkauf von Grundstücken durch den Freistaat objektive Wertermittlungen fehlten. In der Folge würden Grundstücke verkauft, ohne dass klar sei, ob der erzielte Preis dem Marktwert entspreche. Als Beispiel nannte Vizepräsident Stefan Rix ein Grundstück in Dresden, das Sachsen seit 2015 angemietet hatte.
Der Grundstückswert sei auf 10,9 Millionen Euro geschätzt worden - dabei seien aber Altlasten nicht berücksichtigt worden, für deren Beseitigung 10 Millionen Euro fällig würden. 2017 habe der Freistaat das Grundstück für gut 14,6 Millionen Euro gekauft - also sogar über dem ermittelten Wert.
Der Rechnungshof mahnte daher, dass es dringend Fortbildungen für die Erstellung von Wertgutachten geben müsse. Als unabhängige Kontrollinstitution bewertet die Behörde regelmäßig die Finanzpolitik des Landes und der Kommunen. Die Prüfer sind nur dem Gesetz unterworfen und nicht von Regierenden abhängig.