erding-nitrat-grundwasser-protest© Philipp Schulze/dpa
Nitrat im Grundwasser: „Es ist eine Katastrophe“
Mit großer Mehrheit hat nach dem Kreisausschuss auch der Kreistag von Erding eine Resolution beschlossen, die sich gegen die Ausweitung weiter Teile des östlichen Landkreises als „rotes Gebiet“ mit zu hoher Nitratbelastung des Trinkwassers wendet.
Erding - Die Hauptkritik: Die Messungen waren ungeeignet, die Ergebnisse dürften verfälscht sein. Für die Landwirte in den betroffenen Gebieten heißt das vorerst dennoch: Sie müssen deutlich weniger düngen und damit Ertragseinbußen hinnehmen. Dem 52:8-Beschluss – die Grünen-Fraktion lehnte die Resolution ab – war eine hitzige Debatte vorausgegangen. Einigkeit bestand darin, dass Trinkwasser das schützenswertestes Gut sei. Die Kritik entzündete sich am Verfahren durch das Landesamt für Umwelt und das Wasserwirtschaftsamt.
Wie berichtet, haben die Behörden weite Teile des östlichen Landkreises sowie einen Streifen von Lengdorf bis Wartenberg als rote Gebiete ausgewiesen – auf der Basis von nur zwei Messstellen bei Lengdorf und Fraunberg. Und selbst bei denen hat das WWA laut Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) zugegeben, dass sie dafür nicht gedacht gewesen seien.
Sabine Berger (CSU) äußerte dieselben Bedenken und wies daraufhin, dass die Flächen um die Messstellen überhaupt nicht intensiv landwirtschaftlich genutzt würden. Zudem warnte die praktizierende Landwirtin vor den gravierenden Folgen für ihren Berufsstand. „Das trifft die Bio-Landwirte in gleicher Weise“, sagte sie. Der Bauernstand werde wieder einmal pauschal für alles verantwortlich gemacht. Dabei seien die Rinder- und Schweinebestände im Erdinger Land in den vergangenen Jahren um 25 Prozent zurückgegangen.
Helga Stieglmeier und Stephan Glaubitz (Grüne) erklärten, gegen die Resolution zu stimmen. Das Verfahren der EU habe 1991 begonnen. Anfang 2021 sei die Düngemittelverordnung in Kraft getreten. „Es kann niemand sagen, dass er überrumpelt wurde“, meinte Stieglmeier. Bayerstorfer konterte: „Wir haben bis zum Schluss nichts über die Messstellen gewusst.“
Wolfgang Reiter (ÖDP) teilte die Kritik und sah die gleichen Fehler im Verfahren – die Schuld aber nicht bei den Ämtern, sondern bei der Staatsregierung. „Sie hat versagt“, erklärte Reiter. Thomas Bauer (CSU) hingegen sah das Vorgehen des WWA als fragwürdig an. „Wo es mehr Messstellen gibt, gibt es auch differenziertere Ergebnisse.“ Ludwig Kirmair (CSU) drehte den Spieß um: „Wenn genauer gemessen wird, wissen wir auch, woher die Nitrateinträge kommen.“ Hans Wiesmaier (CSU) verwahrte sich dagegen, „dass die Landwirtschaft in Sippenhaft genommen wird“. Es sei fatal, nun auf so fragwürdiger Basis die Bewirtschaftung derart drastisch einzuschränken – „in einer Zeit, in der wir die regionale Lebensmittelproduktion dringender denn je brauchen“.
Auch 3. Landrat Rainer Mehringer äußerte Skepsis, dass die Landwirtschaft der alleine Verursacher sei. „In großen Lichtungen in den Wäldern durch Windbruch oder Borkenkäfer werden große Mengen Nitrat ausgewaschen, weil die Bäume fehlen“, berichtete der Vorsitzende der Waldbesitzervereinigung. Bayerstorfer sprach diesbezüglich von „einer Katastrophe, genauso wie die Verordnung selbst“.
Diese ist übrigens ungeachtet des Protests aus Erding Anfang Dezember in Kraft getreten. Georg Els (FW) meinte daher: „Wir können sie hier und heute nicht aushebeln, sondern uns für eine Verfeinerung.“ Offen ist noch, ob Klage erhoben wird.