Wirtschaftsminister Habeck findet aus dem Heizungskeller nicht mehr heraus The Pioneer© The Pioneer
Bundeswirtschaftsminister Habeck lässt sich vom Unmut der Immobilienbesitzer und Mieter nicht beeindrucken und zieht seinen Heizungs-Hammer weiter durch. Dabei irrt der Grünen-Politiker gewaltig. Weder Land noch Menschen sind auf seine abrupte Wärme-Wende vorbereitet.
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich lebt ein energetisch gut gedämmtes Leben – umgeben von der Eigenwärme seiner rot-grünen Filterblase.
Die Wände sind hermetisch gegen die Außentemperatur im Lande abgedichtet. Die Wutwelle auf Twitter („Herrn Mützenich und der SPD sind die Sorgen und Nöte der Bevölkerung total egal“), die Springflut der Talkshows („Die Wärmewende wird zur Chaoswende“), die Schlagzeilen-Bazooka der Bild („Der Heizungs-Hammer“) und offenbar auch der demoskopische Absturz der Grünen (minus elf Prozentpunkte seit dem Höchststand) und der SPD (sieben Prozentpunkte hinter der Union) können den Mann nicht erreichen.
Nur die FDP, die den Unmut über die Wärmewende aufgreift und in Politik verwandelt, kann er nicht ganz ignorieren. Sie ist schließlich sein Koalitionspartner in der selbst ernannten Fortschrittskoalition. Ihre Töne dringen in seinen Gehörgang und tun dort das, was sie tun sollen: Sie schmerzen.
„Das bedauere ich und das nervt mich auch.“
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich IMAGO/Fotostand© IMAGO/Fotostand
Dabei ist die FDP – aber das weiß Mützenich vielleicht gar nicht – nicht die Quelle des Unmuts, sondern nur deren Botschafter. Es sind sieben unbequeme Wahrheiten, die auch den genervten SPD-Funktionär zur Einsicht bewegen sollten.
1. Habecks Heizgesetz überfordert die Bürger
Robert Habeck hat die Bürger mit seinem Gebäudeenergiegesetz (GEG), das sie zwingen will, ihre Häuser nicht mehr mit Gas oder Öl zu heizen, sondern mit Strom, überfordert – mental und finanziell. Kauf und Einbau einer Wärmepumpe, ausreichend stark für ein Einfamilienhaus, kosten rund 25.000 Euro. Auch bei 40 Prozent staatlicher Förderung bleiben 15.000 Euro als Kosten beim Bürger hängen. Deshalb sind Millionen genervt.
2. Deutschlandweit fehlen 60.000 Heizungsinstallateure
Die Heizungsbauer selbst zucken derweil ratlos mit den Schultern. Es gibt weder genug Monteure noch genug Elektropumpen, um innerhalb kurzer Zeit die Wärmewende leisten zu können. Nach Einschätzung des Zentralverbands Sanitär Heizung Klima fehlen deutschlandweit 60.000 Heizungsinstallateure. Dazu berichten rund 92 Prozent der Betriebe über Lieferschwierigkeiten bei Wärmepumpen. Die Wartezeiten für einen Einbau betragen also gerne mal 12 Monate.
3. Energieversorger haben „so schnell auch keine Lösungen“
Die Energieversorger selbst weiß die Regierung ebenfalls nicht an ihrer Seite. Niemand dort bestreitet zwar, dass mehr als die Hälfte des deutschen Energieverbrauchs für Wärme drauf geht und rund 80 Prozent davon aus fossilen Energieträgern stammen. Aber, so der Chef der Bochumer Stadtwerke Dieter Spohn:
„Die Bürger sind total verunsichert und wir haben so schnell auch keine Lösungen.“
4. Kommunen fehlen Rücklagen für Heizwende
Spätestens bei Schulen, Bürgerhäusern und öffentlichen Verwaltungen aller Art rollen die vom Staat verursachten Kosten als Lawine auf ihn zurück. Mindestens acht Milliarden Euro soll der Ersatz der alten Öl- und Gasheizungen durch klimafreundliche Alternativen die Kommunen kosten, hat der Deutsche Städte- und Gemeindebund errechnet. Dieses Geld ist nirgendwo zurückgestellt und in der Hochzinsphase auch nicht mehr leicht zu besorgen.
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5. Habecks „Heizungs-Hammer“ bringt nichts für den Klimaschutz
Selbst dem Klima kann Robert Habeck mit seiner Gewalt-Kur keinen Dienst erweisen. Denn der Strom, den die Wärmepumpe unweigerlich zum Funktionieren braucht, ist brauner denn je. Sechs Prozent des bisher CO2 neutralen Atomstroms hat Habeck selbst vom Netz genommen.
Dieser wird ersetzt durch Steinkohle, Braunkohle und Flüssiggas mit dem Ergebnis, dass die CO2-Werte steigen und nicht sinken. 54 Prozent des deutschen Stroms stammen heute aus fossilen Energieträgern. Die kurzfristig einzige Änderung: Früher wurde der fossile Brennstoff im Keller verbrannt, jetzt im Kraftwerk vor den Toren der Stadt.
6. Elektrifizierung des Landes sorgt für neue Probleme
Da parallel auch eine Verkehrswende eingeleitet werden soll, zweifeln viele Experten, ob sich die Elektrifizierung des Landes in ausreichender Kapazität bewerkstelligen lässt. 2030 werden nach Schätzungen des Wirtschaftsministeriums rund 655 Milliarden Kilowattstunden benötigt. 236 Milliarden Kilowattstunden sind derzeit durch erneuerbare Energieträger verfügbar. Pioneer-Expert Lamia Messari-Becker, Professorin für Gebäudetechnik und Bauphysik an der Universität Siegen, schätzt die Lage dramatisch ein:
Das erfordert einen massiven Ausbau der elektrischen Versorgungsstruktur und Speicherkapazitäten. Allein die Chemieindustrie deklariert für sich rund 600 Terawattstunden für 2050 (11-fach höher als heute), um klimaneutral zu werden. Das ist mehr als der deutsche Strombedarf zurzeit (ca. 484 TWh in 2022).
E.ON-Chef Leonard Birnbaum warnt ebenfalls vor der Unterschätzung des Aufwands allein für die Verkehrswende:
„Eine 30 Megawatt Tankstelle ist das Gleiche wie eine 30.000 Einwohner Stadt, die aus dem Himmel ins Netz hineinfällt und versorgt werden muss. Wenn wir jetzt entlang der Autobahn alle 60 Kilometer 30 Megawatt Anschlüsse bauen müssen, dann ist es so, als wenn entlang sämtlicher Autobahnen in Deutschland ungefähr 400 Kleinstädte à 30.000 Einwohner entstehen.“
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Und auch dieser Zusatzstrom wäre angesichts fehlender Windräder, fehlender Solar-Anlagen und fehlender Speichermedien vor allem braun. Eine zu schnelle Elektrifizierungswelle würde eine Renaissance der fossilen Energieträger bedeuten.
7. Rot-grüne Funktionäre sind in ihrer medialen Bubble gefangen
Die Funktionäre von rot-grün lesen und hören die Argumente der Wirtschaftselite nicht gern. Sie schalten ein bei ARD und Spiegel, wo sie von journalistischen Aktivisten zur Beschleunigung und damit zur weiteren Bürgerferne getrieben werden. Von „Handlungsbedarf“ sprach der Minister, als er sein Gesetz im April vorstellte.
„Ein viel zu kleines Wort angesichts der Größe der Aufgabe“, raunte der Spiegel. Deutschland sei schwer in Verzug. Das stimmt, aber das stimmt eben nur mit Blick auf die von Technokraten festgelegten „Sektorenziele“. Das stimmt nicht aus Sicht des Souveräns, der nicht zuerst das Weltklima, sondern zuerst seinen heimischen Wohlstand retten möchte.
Fazit: Die „Schubumkehr“, von der Habeck sprach, als er sein Heizungsgesetz ankündigte, gilt zumindest für ihn und seine Beliebtheitswerte. Diese sind unverzüglich in den Heizungskeller gepurzelt.
Will die Kanzlerpartei nicht hinterher stolpern, sollte ihr Fraktionschef seine Filterblase zügig verlassen. Draußen wird Rolf Mützenich die für ihn zentrale Lernerfahrung machen: Die Menschen denken anders, als die Medien schreiben. Und Wärmepumpen wählen keine SPD.