Die Bundestagsabgeordnete Kathrin Henneberger im Interview mit der ARD.© Screenshot ARD
„Das hat ein grüner Minister ausgehandelt“: Grüne gerät in Lützerath-Interview mit der ARD ins Schleudern
Lützerath-Dilemma für die Grünen: Die Ökopartei setzt sich vor Ort für den Klimaschutz ein, hat die aktuelle Lage aber selbst zu verantworten. Damit wurde auch eine Abgeordnete in der ARD konfrontiert.
Lützerath – Die deutsche Politik blickt auf den Ortsteil einer 40.000-Einwohner-Stadt in Nordrhein-Westfalen: Lützerath. Dort begann die Polizei am Morgen mit der Räumung des Ortes, nachdem Klimaaktivisten in den vergangenen Wochen den Zugang zu dem im rheinischen Braunkohlerevier liegenden Ort blockiert hatten. Dass „Lützi“ geräumt wird, liegt auch an grüner Politik in Deutschland. Damit konfrontierte die ARD am Mittwoch eine Grünen-Bundestagsabgeordnete – und brachte sie so in Erklärungsnot.
ARD-Moderator bringt Grüne mit eigener Politik in die Bredouille
Was sagt Henneberger zu dem Versprechen, will Hingst wissen. Die Bundestagsabgeordnete – einst selbst Aktivistin – meint: „Wir haben mit den fünf Dörfern und den Höfen ungefähr fünfhundert Menschen das Zuhause gerettet.“ Dann schildert sie den Fall eines Mannes, der seine Heimat verlassen musste. „Eckardt, der bis vor kurzem hier noch im Bauernhaus gelebt hat, er wurde gezwungen auszuziehen. Das liegt einmal an das Bergrecht. Das Bergrecht kennt die Klimakrise nicht. Das ist ein riesiges Problem.“ Zudem konstatiert die 35-Jährige: „Der Konzern hat zu viel Macht.“
Immer wieder stockt Henneberger bei ihren Antworten, auch als der Moderator meint: „Fakt ist, das hat ein grüner Minister ausgehandelt.“ Henneberger überlegt und sagt dann: „Ich finde es immer viel zu einfach nur auf die Grünen raufzuhauen. Wir haben ein gesamtes Problem.“ Die Klimakrise werde „in ihrer Dringlichkeit“ noch nicht angemessen behandelt. Auch bei der nächsten Frage zu Atomkraftwerken kann Henneberger nur stockend antworten.
„Heuchlerische“ Grünen-Politik? „Dieses Interview steht für sich selbst“
Auf Twitter gibt es Kritik an dem Interview. So meint etwa die FDP-Abgeordnete Linda Teuteberg: „Poetry-Slam-Gestik hilft nicht weiter. Es wäre lustig, wenn es nicht so verdammt ernst wäre.“ Die CDU-Abgeordnete Serap Güler schreibt von „grünem Aktivismus vs. grüner Realpolitik“ und meint: „Problematisch wird es vor allem, wenn Abgeordnete erklären müssen, dass Grüne nicht nur in vielen Ländern, sondern auch im Bund mitregieren und Entscheidungen treffen müssen, die nicht jedem in der eigenen Basis gefallen.“ Der Berliner CDU-Politiker Dirk Stettner attestierte den Grünen eine „heuchlerische“ Politik. Der Wirtschaftsrat der CDU bilanzierte: „Dieses Interview steht für sich selbst.“
Habeck und Nouripour verteidigen Grünen-Politik – Kritik von Klimaaktivisten
Ex-Parteichef Robert Habeck verteidigte die Vereinbarung für den Kohleausstieg im Westen und damit die Aufgabe des Ortes Lützerath. „Es ist die richtige Entscheidung, es ist eine gute Entscheidung für den Klimaschutz“, sagte der Wirtschaftsminister am Mittwoch in Berlin. „Es beendet verbindlich die Abbaggerei im Rheinischen Revier ab 2030. Und fünf Ortschaften, in denen Menschen leben, werden gehalten.“
Auch der aktuelle Co-Chef der Ökopartei verteidigte die aktuelle Politik. Der Abbau sei Teil eines „Kompromisses“, den er „wirklich gut tragen“ könne. Daraufhin übten Klimaaktivisten gegenüber unserer Redaktion Kritik am Grünen-Kurs. Ein Sprecher der Initiative „Lützerath lebt“ wies Nouripours Darstellung auf Anfrage von Merkur.de von IPPEN.MEDIA auf das Schärfste zurück – und warf den Grünen vor, sich ihre Position von RWE „diktieren“ zu lassen. „Die Rolle der Grünen ist es in diesem Moment, der Bevölkerung einen Greenwashing-Deal zu verkaufen“, sagte Aktivist Florian Özcan.