Düsseldorf. So manches Institut erhöht im kommenden Jahr die Preise für Girokonten – oder hat das schon getan. Gleichzeitig wehren sich manche gegen eventuelle Rückzahlungsansprüche von Kunden aus dem BGH-Urteil von April.
Jede zweite deutsche Bank oder Sparkasse erhöht gerade ihre Gebühren, hat das bereits getan oder hat dieses Vorhaben zumindest angekündigt. Etwa 41 Prozent aller Bankhäuser denken sogar über Negativzinsen nach oder haben sie bereits eingeführt. Das geht aus der Studie „Branchenkompass Banking 2021“ der Managementberatungsfirma Sopra Steria hervor, die dafür 100 Entscheiderinnen und Entscheider befragt hat.
Dass sich die bereits eingetretene Entwicklung fortsetzt, war zu erwarten – einerseits wegen des Urteils des Bundesgerichtshofs (BGH) aus dem April, das Entgelterhöhungen für Girokonten ohne Zustimmung des Kunden aus der Vergangenheit für unwirksam erklärte (Az.: XI ZR426/20); andererseits wegen der fehlenden Ertragsmöglichkeiten im Zinsgeschäft. Das Ausmaß von Preissteigerungen ist indes sehr unterschiedlich und nicht immer transparent: „Manche Banken und Sparkassen machen gar nichts, andere arbeiten mit versteckten Preiserhöhungen in den neuen AGB, denen Kunden zustimmen sollen. Wieder andere wollen von den Kunden direkt einen Forderungsverzicht, was die Rückforderung zu viel gezahlter Gebühren angeht. Kunden sollen dann rückwirkend den alten Preisen zustimmen“, sagt David Riechmann, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht in Diensten der Verbraucherzentrale NRW.
Preiserhöhungen können auch mal saftig ausfallen. Die Sparkasse Krefeld beispielsweise hebt ihre Preise für Girokonten im April gleich um 26 bis 35 Prozent an, je nach Kontomodell. Für ein Girokonto Flat, das die Kundschaft bislang sieben Euro pro Monat kostet, werden künftig 9,50 Euro fällig. Die Sparkasse erklärt dazu, dass sie seit Anfang 2017 die Preise nicht mehr erhöht habe. Auch nach der Preisanpassung sei man mit Blick auf die Wettbewerber im Geschäftsgebiet mit einem „vergleichbaren Geschäftsmodell absolut wettbewerbsfähig“. Bei der Postbank zahlt man nur dann nichts, wenn ein monatlicher bargeldloser Geldeingang von 3000 Euro gewährleistet ist, sonst in mehreren Stufen bis zu 10,90 Euro (das Modell wird mit dem Wegfall der jährlichen Kreditkartengebühr schmackhaft gemacht). Bei der Commerzbank kostet das Girokonto Klassik bei Neuverträgen seit April des vergangenen Jahres 6,90 Euro, genauso wie das DB-Aktiv-Konto der Deutschen Bank. Vieles liegt mehr oder weniger deutlich über den fünf Euro pro Monat (60 Euro pro Jahr), die die Stiftung Warentest für angemessen hält.
Andere Institute arbeiten mittlerweile mit gestaffelten Kontomodellen: Die Sparkasse Köln-Bonn etwa bietet das Girokonto Privat Komfort kostenlos an – aber nur für Kund(inn)en bis 24. Wer 25 oder 26 ist, zahlt 4,50 Euro, ab dem 27. Lebensjahr wird der doppelte Betrag fällig. Mit vergleichbaren Kontomodellen arbeitet auch die Stadtsparkasse Mönchengladbach. Was auffällt: Die Zahl derer, die reine Online-Konten anbieten, nimmt ab.
Gebührenerhöhungen funktionieren natürlich nur dann, wenn die Kundschaft zustimmt. Wenn sie das nicht tut, droht ihr das Ende der Geschäftsbeziehungen. Andererseits könnten manche mit den Gebührensteigerungen womöglich noch ganz gut leben, wäre da nicht die leidige Angelegenheit mit dem BGH-Urteil aus dem April. Manche könnten Geld zurückverlangen, das ihnen ihr Institut möglicherweise zu Unrecht abverlangt hat. Da sehen sich vor allem einige Sparkassen aber nicht in der Pflicht und berufen sich dabei auf ein Urteil des BGH von 2016 zur „Dreijahreslösung für Energielieferungsverträge“. Tenor: Der Kunde kann sich gegen Preiserhöhungen von Gas- und Stromlieferanten nicht mehr wehren, wenn er die höheren Preise klaglos über drei Jahre gezahlt hat.
Ob diese die Haltung des jeweiligen Geldhauses akzeptieren müssen, ist eine andere Frage. Aus Sicht von Experten sind die Regeln für Strom- und Gasverträge nämlich nicht einfach auf Girokonten zu übertragen, weil der BGH dabei die schwierige Situation für Energielieferanten durch stark schwankende Weltmarktpreise bei Gas, Öl und Strom berücksichtigen wollte. Dieses Argument könne für die Banken keines sein, heißt es. Die Institute sehen das anders, und so ist der Rechtsstreit programmiert. In zwei Fällen ist schon sicher, dass es vor Gericht weitergeht. Der Verbraucherzentrale Bundesverband hat eine Musterfeststellungsklage gegen die Berliner Sparkasse und die Sparkasse Köln-Bonn eingereicht.