"Das Trauma von al-Bab"
Als der Leopard 2 seinen Glanz verlor
Als der Leopard 2 seinen Glanz verlor© T - Online
Der Leopard 2 gilt als einer der stärksten Panzer der Welt und ist die große Hoffnung der Ukrainer. Doch eine Schlacht von 2016 kratzt am Image der deutschen Waffe.
Die Ukrainer erhoffen sich vom Leopard 2 die entscheidende Wende im Kampf gegen die russische Armee, doch in der Türkei hat der Ruf des Kampfpanzers aus deutscher Produktion gelitten. Schuld ist das "Trauma von al-Bab", wie türkische Militärs die Schlacht im Rückblick nannten.
Im August 2016 schickte der türkische Präsident Erdogan seine Armee über die Grenze in den Norden Syriens, um die Terrorgruppe "Islamischer Staat" (IS) sowie kurdische Freiheitskämpfer aus ihren letzten Stellungen in der Region zu vertreiben. Anfangs lief "Operation Euphrat-Schild" wie geplant, Erdogans Truppen kamen schnell voran und erreichten im Dezember die Kleinstadt al-Bab, 35 Kilometer nordöstlich von Aleppo – dann nahm das Fiasko seinen Lauf.
"Islamischer Staat" zerstörte mehrere Leopard 2
Nach eigenen Angaben schaltete die Terrorgruppe fünf der Leopard 2 mit Antipanzerraketen aus, zwei mit Sprengsätzen und einen mit einer Mörsergranate. Zu den übrigen Abschüssen machte der IS keine konkreten Angaben. Dieses damals vom IS verbreitete Video soll einen Teil der zerstörten Leopard 2 zeigen:
Türkei verfügt über mehr als 350 Leopard 2
Dem früheren Bundeswehrsoldaten und Flugabwehrexperten Markus Richter zufolge zeigt das Video aber nicht die ganze Wahrheit: "Dieses Video von zerstörten Leopard 2 wird oft gezeigt, um seine angebliche Verwundbarkeit gegen Panzerabwehrwaffen zu beweisen. Falsch.", schreibt Richter auf Twitter. "Diese Leopard 2 wurden vom IS gekapert und kurz darauf von der türkischen Luftwaffe mit 500 kg Bomben zerstört."
Die Türkei verfügt über mehr als 350 Leopard 2 in der Variante A4, die Deutschland dem Nato-Partner in den frühen 2000er-Jahren verkauft hatte. Nach dem "Trauma von al-Bab" forderte Ankara von der Bundesrepublik die Aufrüstung seiner Leopard 2 mit besserer Panzerung und Abwehrwaffen gegen einfliegende Geschosse, was Berlin aber verweigerte. Militärexperten gehen aber davon aus, dass es nicht nur die ältere Ausstattung der türkischen Leopard 2 war, die sie für die Guerilla-Angriffe des IS anfällig machte.
Leopard 2 falsch eingesetzt?
"Ohne Zweifel trug die Art, in der die türkische Armee die deutschen Panzer einsetzte, zu den Verlusten bei", schreibt der Fachjournalist Sebastien Roblin im Magazin "National Interest" über die Schlacht von al-Bab. "Anstatt sie zusammen mit Infanterie zur gegenseitigen Unterstützung einzusetzen, ließ die türkische Armee sie aus dem Hintergrund feuern. Auf ihren isolierten Feuerpositionen ohne Soldaten in der Nähe, wurden die türkischen Leopard 2 aber zu einfachen Zielen für feindliche Hinterhalte."
Ähnlich sei es saudischen Truppen mit ihren US-Panzern vom Typ Abrams M1 im Kampf gegen Huthi-Rebellen im Jemen ergangen, so Roblin. Abrams M1 und Leopard 2 gelten in etwa als gleich stark. Beim Kampf gegen die Taliban in Afghanistan habe sich der Leopard 2 besser behaupten können, schreibt Sebastien Roblin. Dort kämpften die Armeen Kanadas und Dänemarks mit moderneren Varianten des Leopard 2, die besser gegen Sprengsätze und anfliegende Geschosse geschützte seien. 2008 seien zwei dänische Soldaten bei einem Angriff auf ihren Leopard getötet worden, alle weiteren Angriffe auf die Panzer des Typs hätten nur kleinere Schäden verursacht.
Für die ukrainische Armee dürfte der Nutzen des Leopard 2 trotz des "Traumas von al-Bab" außer Frage stehen – zumal die Ukrainer gegen eine reguläre Armee kämpfen und nicht gegen eine Guerilla-Truppe wie den "Islamischen Staat". Mehrere Nato-Länder wollen Kiew den Leopard 2 schicken, die Bundesrepublik als Herstellerland verweigert bislang aber die Weitergabe. Doch der Druck der Partner auf Berlin wächst, spätestens seit Großbritannien die Lieferung seines vergleichbaren Kampfpanzers vom Typ Challenger 2 zugesagt hat. Am Freitag treffen sich die Verbündeten der Ukraine auf der US-Basis im rheinland-pfälzischen Ramstein, um weitere Waffenlieferungen abzusprechen.