1.000 Arbeitsplätze und einen dringend benötigten Rohstoff. Doch bis 2035 das erste Erz ans Tageslicht kommt, braucht es viele Genehmigungen – auch der Raumordnungsbehörde Sachsen.
Auch aus dem Erzfeld Schleife will die Kupferschiefer Lausitz GmbH Kupfer abbauen. Darüber wurde im SKC Schleife informiert, jedoch kamen zumeist Spremberger Bürger. Mit Blick auf die benötigten Arbeitskräfte sagt Geschäftsführer Blas Urioste: „Die Überla © Constanze Knappe© Constanze Knappe
Zwischen Spremberg und Schleife schlummert wertvolles Kupfer. Der Kupferschiefer Lausitz. 2035 möchte ein Unternehmen gleichen Namens, die Kupferschiefer Lausitz GmbH (KSL), das erste Kupfererz aus dem Boden holen. Was das bedeutet, war unlängst im Saal des Sorbischen Kulturzentrums Schleife zu erfahren. Gekommen waren vor allem Bürger aus Spremberg. Dort gab es bereits diverse Informationsveranstaltungen, konnten Bürger während des Raumordnungsverfahrens in Brandenburg Unterlagen einsehen und sich äußern. Dennoch nutzten auch sie die Möglichkeit zum Dialog in Schleife.
Neu ist das Kupfervorkommen in der Lausitz nicht. Bereits Anfang des vorigen Jahrhunderts wusste man davon. Ab 1953 wurde zwischen Spremberg und Weißwasser nach dem Kupferschiefer gesucht, dabei stieß man auf die Erzfelder bei Spremberg, Graustein und Schleife. Weiter verfolgt wurde das Vorhaben in den 1970er und 80er Jahren jedoch nicht – weil die Braunkohle absolute Priorität hatte. Seit der Jahrtausendwende ist das Thema wieder aktuell. Um die Daten aus DDR-Zeiten zu bestätigen, erfolgten 2009 bis 2011 Probebohrungen, auch im Raum Schleife.
Kupfer wichtiger denn je
In der Lausitz geht es nur unter Tage. Die Lagerstätte sei 15 Kilometer lang und drei Kilometer breit. Der Schiefer ist im Schnitt zweieinhalb Meter dick, an manchen Stellen sogar bis zu acht Meter. Abgebaut werden soll das Erz in einer Tiefe zwischen 900 und 1.500 Metern. Das macht die Errichtung eines Bergwerks samt Schacht- und Tagesanlagen erforderlich. Dafür wird eine Fläche von 45 Hektar benötigt, was in etwa einer mittelgroßen Industrieanlage entspricht. Wenn das Material zutage gefördert ist, wird das Erz gebrochen, gemahlen und zu einem Kupferkonzentrat verarbeitet. Ob es dann in Polen oder in Hamburg verhüttet wird, das sei nach Aussage von Blas Urioste noch nicht entschieden. Per Bahn soll es dorthin gelangen.
Jedenfalls will die KSL 2035 das erste Kupfererz an die Erdoberfläche holen. Der Geschäftsführer spricht von 1.000 Arbeitsplätzen unmittelbar am Standort des Bergwerks und der Aufbereitungsanlage sowie weiteren indirekten Jobs, ebenfalls in einer Größenordnung, wie sie die Lausitz im Kohleausstieg bräuchte. Baubeginn für das Bergwerk soll 2031 sein. Bis dahin wird die KSL 100 Millionen Euro ausgegeben haben. Wenn vier Jahre später das erste Kupfererz an der Oberfläche ist, werden es nach Unternehmensangaben 1,5 Milliarden Euro sein. Dafür braucht es Geldgeber, die den Fortgang der Dinge akribisch beobachten. „Wir werden also nicht nur von den Behörden intensiv geprüft“, betont Urioste.
Beunruhigt über Reststoffe
Seit dem Frühjahr läuft in Brandenburg das Raumordnungsverfahren. Interessengruppen mit etwa 200 Bürgern in Schwarze Pumpe und Spremberg sind mit den Plänen ganz und gar nicht einverstanden. Etliche lehnen das Vorhaben grundsätzlich ab. „Kupferabbau? Wir sagen Nein!“ war auf roten Aufklebern in Schleife zu lesen. Während der Bürgerbeteiligung in Brandenburg hat auch Roger Paulisch seine Bedenken geäußert. „Ich bin total enttäuscht, dass so wenige Leute hier die ausgestreckte Hand nehmen“, erklärt er beim Infomarkt in Schleife angesichts der überschaubaren Menge Einheimischer. In Nachbarschaft seines Hauses sollen die Tagesanlagen errichtet werden. Ihm graust vor dem Lärmpegel. „Das wäre, als ob rund um die Uhr neben dir ein Rasenmäher läuft“, sagt er. Aber er könne ja, so wendet er sich direkt an Urioste, später sein Haus an einen der führenden KSL-Ingenieure vermieten.
Noch viel mehr beunruhigt Paulisch, dass Reststoffe der Erzaufbereitung auf bis zu 55 Meter hohen Halden an der B 156 zwischengelagert werden sollen. Das mehlähnliche feine Gemisch sei doch gar nicht beherrschbar, findet er und macht sich außerdem Sorgen, dass darunter womöglich „hochgiftige Dinge“ sein könnten. Die Reststoffe sollen in den Tagebau Nochten verpumpt werden, wofür man Wasser braucht. Wo das herkommen soll, beschäftigt ihn ebenfalls. Es sei nicht nachvollziehbar, wie das Unternehmen und die Kommunen mit dem beginnenden Kupferbergbau auf Lärm, Staub, den steigenden Bedarf an Grundwasser und die Belastung der Infrastruktur vorbereitet sein werden. Andererseits erklärt er im Hinblick auf die Arbeitsplätze und sprudelnden Steuereinnahmen: „Wir wollen ja nicht der große Verhinderer sein. Wir wollen nicht den Wohlstand in der Region unterdrücken, dass die Leute Arbeit kriegen, in den Urlaub fahren und ihr Bierchen trinken können.“
Blas Urioste kennt die Bedenken und Zweifel. Der gebürtige Bolivier lebt seit 27 Jahren in Deutschland. Während seines Studiums in Potsdam erfuhr er einst von der KSL. „Die Vision hat mich fasziniert“, erinnert er sich. Dass sich jemand im Ausland vorstellen konnte, in Deutschland Bergbau zu betreiben, das wiederum konnte er sich ganz und gar nicht vorstellen. „Viel zu kompliziert und durchreguliert“, begründet er seine damalige Skepsis. Ihn reizte aber „der Nachweis, dass Bergbau trotzdem umweltverträglich geht“.
Konflikte schon vorab erkennen
Solche Gespräche wie zum Infomarkt in Schleife helfen, Fragen zu beantworten. Und auch, sich selber neue Fragen zu stellen. „Das zwingt uns, uns selber immer wieder mit dem Projekt intensiv auseinanderzusetzen und die Pläne zu optimieren“, betont er. Man wolle das Projekt „zusammen und auf Augenhöhe mit den Menschen in der Region entwickeln.“
In Brandenburg ist das Raumordnungsverfahren weitgehend abgeschlossen, in Sachsen ein solches noch nicht einmal eröffnet. „Es ist dem eigentlichen Genehmigungsverfahren vorgeschaltet, um vorab zu erkennen, welche Konflikte es gibt und welche Möglichkeiten zu deren Lösung“, erklärt Sebastian Koppisch aus dem Referat Raumordnungsbehörde der Landesdirektion Sachsen. Auf den Kupferbergbau in der Lausitz bezogen, benennt er als ein Beispiel die Frage, wo die Rückstände der Erzaufbereitung bleiben. „Wir müssten gar nicht hier sein“, fügt er hinzu. Es käme aber super an, wenn man den Bürgern die Vorgehensweise direkt erklärt. Er sei regelrecht „ausgequetscht“ worden.
Jeder kann Bedenken äußern
Für den sächsischen Teil des Vorhabens zur Kupferförderung wurden etwa 250 Seiten eingereicht mit der detaillierten Beschreibung, zugehörigen Karten, naturschutzrechtlichen Belangen und vielem mehr. In einem Monat soll das Raumordnungsverfahren beginnen. Über das Internetportal der Landesdirektion sind dann die Unterlagen online einsehbar oder auch direkt in den Rathäusern der betroffenen Kommunen. Diese wie auch die Bürger können ihre Bedenken vorbringen. „Das kann jeder, der sich in irgendeiner Weise berührt fühlt, man muss auch nicht begründen, wieso“, sagt Koppisch. Der Spremberger Roger Paulisch wird diese Gelegenheit ganz sicher nutzen, wie er selber sagt. Sechs Monate soll die Bürgerbeteiligung dauern. Beim geplanten Eisenbahnneubau zwischen Dresden und Prag habe man für die Bearbeitung der 5.000 Einwendungen etwa acht Monate gebraucht. Mit einem ähnlichen Zeitraum rechnet Sebastian Koppisch auch für das Kupfervorhaben.
Für den Abbau des Erzfeldes Schleife gibt es noch keine Planungen. Damit könne man erst beginnen, wenn die für Graustein steht, sagt Urioste. Mit dem Abschluss des Planfeststellungsverfahrens rechnet die KSL für 2028. Für sämtliche Planungsleistungen gibt sie 1,4 Millionen Euro aus.