Niemand mag mehr in Deutschland Unternehmer werden, stattdessen drängen die Generationen Z und Y in den gut bezahlten und bequemen Staatsdienst. Bleibt es bei diesem Trend, ist der ökonomische Abstieg unaufhaltbar – und auch der vermeintlich so sichere Beamten-Job nicht mehr sicher.
Immer mehr junge Leute streben einen Job mit Verbeamtung an ArtmannWitte/Shotshop/picture alliance; Martin U. K. Lengemann/WELT; Montage Welt© Bereitgestellt von WELT
Es gibt zwei Meldungen aus den vergangenen Tagen, die Unangenehmes für den Standort Deutschland erahnen lassen.
Zum einen, so wurde bekannt, verliert das Unternehmertum in Deutschland an Bedeutung. Die Zahl der Selbstständigen notiert auf dem niedrigsten Stand seit 26 Jahren. Es ist für immer weniger Bundesbürger ein erstrebenswertes Ziel, das ökonomische Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Zum anderen steigt die Zahl der Beamten in Deutschland. Sie erreichte im vergangenen Jahr ein 28-Jahres-Hoch.
Diese entgegengesetzt laufenden Entwicklungen sind denkbar schlecht für eine gesunde Volkswirtschaft. Der Niedergang des Unternehmertums bei gleichzeitigem Wuchern des Beamtenapparates ist ein Mix, der den Standort Deutschland deutlich schwächen wird – aus zwei Gründen.
Noch bedenklicher ist jedoch die Immunität der Amtsstuben gegen die digitale Disruption. Mit einem so großen und weiter wachsenden Beamtenapparat läuft der Standort D Gefahr, bei der nächsten Revolution – etwa dem Aufkommen der künstlichen Intelligenz – abgehängt zu werden.
Künstliche Intelligenz – Chance für Unternehmer, Gefahr für Amtsstuben
Entwickelte Volkswirtschaften wie unsere können die großen Profiteure der KI sein. Sie kann uns einen immensen Produktivitätsschub geben. Einfache und mittelschwere Tätigkeiten werden künftig durch lernende Algorithmen erledigt – wenn man sie denn lässt. Ein Unternehmer muss von diesen Potenzialen nicht überzeugt werden. Er besitzt ein ureigenes Interesse an der Steigerung der Produktivität. Ein Behördenleiter eher nicht. Denn er würde damit gewissermaßen den Großteil seiner Behörde abschaffen. Dort werden genau die Jobs verrichtet, die die KI besser und schneller erledigen kann.
Es geht hier nicht um Polizisten oder Lehrer. Es geht um die vielen Aufgaben in den öffentlichen Verwaltungen, die eine Disruption dringend vertragen könnten, im Sinne der Bürger, des Wirtschaftswachstums. Meldeämter, Bauämter, Finanzämter – Beispiele für die Notwendigkeit schlankerer und effizienterer Behördenstrukturen gibt es genug.
Wenn man sich in den Behörden – wovon leider auszugehen ist – dieses Fortschrittes verweigert, rauschen die bevorstehenden ökonomischen Umwälzungen an einem Großteil des deutschen Humankapitals vorbei. Dann verpasst Deutschland tatsächlich auch den Produktivitätsmotor KI und steigt in die zweite Liga der Volkswirtschaften ab.
Auch ein Wiederaufstieg dürfte kaum gelingen, da der fähige Nachwuchs dafür fehlt. Der strebt ja gerade aus voller Überzeugung in die vermeintlich sicheren und bequemen Beamten-Jobs.
Genau hier müssen wir ansetzen: Die Zahl der Stellen in den Länder- und Bundesministerien muss drastisch reduziert werden. Hier entsteht gerade die größte unnötige Übertreibung. Wenn die Hälfte der Jobs verschwindet, wird die Digitalisierung von allein Einzug in die Abteilungen halten – und dann sicherlich an die unteren Ebenen weitergegeben.
Doch das allein wird nicht genügen. Das Denken der Jugend muss sich wandeln. Hier sind die Schulen gefragt: Dem Nachwuchs sollte endlich Entrepreneurship, Risikofreude und wirtschaftliches Know-how vermittelt werden.
Heute gilt als clever, wer sich in dieser unsicheren Welt ins Beamtenverhältnis rettet. Wenn jedoch niemand mehr für Produktivität sorgt, können die Beamten nicht mehr so gut bezahlt werden. Die goldenen Staatsdiener-Zeiten sind dann schnell vorüber. Insofern ist der Beamten-Job am Ende vielleicht gar nicht so sicher, wie die Generationen Z und Y meinen.