Das Ende der deutschen Industrie – Wettbewerbsfähigkeit sinkt rapide© Reuters
Investing.com – Die Thematik der Deindustrialisierung Deutschlands begleitet uns schon seit geraumer Zeit. Und so versucht die Politik das scheinbar unvermeidliche zu verhindern, indem Ansiedlungen, wie von Intel (NASDAQ:INTC), nicht nur mit Milliarden Euro gefördert, sondern auch Garantien für vergünstigte Industriestrompreise ins Gespräch gebracht werden. Doch Ökonomen sind sich gar nicht sicher, ob diese kostspielige Herangehensweise überhaupt Früchte trägt.
Oliver Holtemöller, Vize am Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle, hält einen verbilligten Industriestrom für das falsche Signal. Denn in der Wirtschaft, in der man gerne über einen freien Markt, ohne jegliche Regulierung philosophiert, haben Preise eine Funktion.
Holtemöller erklärt, dass hohe Preise für die Knappheit eines Gutes stehen, was wiederum das Verhalten beeinflusst. Greift man in dieses marktwirtschaftliche Konstrukt mit Subventionen ein, dann ändert sich das Verhalten nicht. Stattdessen wird mit dem knappen Gut umgegangen, als wenn es reichlich vorhanden wäre.
Außerdem verweist Holtemöller darauf, dass Industriestrom in Deutschland auch vor dem Ukraine-Krieg teuer war und sich bereits wieder auf dem Niveau von Mitte 2021 befindet. Damit drängt sich der Eindruck auf, dass die Politik der Industrie-Lobby auf den Leim gehe.
Charles Kennedy stellte fest, dass einer der größten Exportmärkte der deutschen Autohersteller, China, wegzubrechen droht. Im ersten Quartal 2023 kam es gegenüber dem Vorjahr zu einem Einbruch der Exportzahlen um 26 Prozent, was der Beginn eines Trends sein könnte, der unweigerlich zu einem Rückbau des Industriestandorts Deutschlands führen würde.
Das Problem des Automobilsektors ist, dass China im Bereich der Elektromobilität die unangefochtene Nummer 1 ist. Mehr als die Hälfte aller weltweit zugelassenen E-Autos fahren auf chinesischen Straßen.
China selbst verfügt über die wichtigsten Rohstoffe, die zur Herstellung dieser Fahrzeuge nötig sind. Dadurch sind Produktion und Verkaufspreise konkurrenzlos günstig, womit deutsche Autos zum Ladenhüter werden. Die Ökonomen des Instituts der Deutschen Wirtschaft schreiben:
"Sollte sich diese Entwicklung im Fahrzeugbau – einem Wirtschaftszweig, der in der Vergangenheit essenziell für die deutschen Exporterfolge war – fortsetzen, dürften sich die Aussichten für die deutschen Exporte nach China weiter verschlechtern".
Damit droht aus dem einstigen Zugpferd der deutschen Exportindustrie ein lahmer Gaul zu werden.
Zudem muss dieser Sektor auch darum fürchten, inländische Marktanteile an den asiatischen Riesen zu verlieren. Denn wie schon erwähnt, kann China E-Fahrzeuge preiswert produzieren. Gleichzeitig sind die deutschen Hersteller auf Rohstoffimporte aus China angewiesen. Über diesen Hebel haben es die Chinesen in der Hand, zu welchen Kosten deutsche Fahrzeuge vom Band rollen und können damit Einfluss auf den Absatz der eigenen Automarken nehmen. In dem IW-Bericht heißt es:
"Im Automobilsektor scheint es zu starken Verwerfungen zu kommen, insbesondere im Hinblick auf die zunehmende Bedeutung Chinas als Exporteur von Elektroautos".
Laut der Internationalen Energieagentur verfügt China schon jetzt über 60 Prozent des weltweiten Elektroautoabsatzes.
Das es mit der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands nicht weit her ist, zeigt auch die jüngste Erhebung vom Internationalen Institut für Managemententwicklung (IMD). Auf der Rangliste der weltweit wettbewerbsfähigsten Länder verlor Deutschland innerhalb eines Jahres 7 Plätze und rutschte so von Platz 15 auf Platz 22 ab. Ein klares Indiz dafür, dass sich die Bedingungen in den vier betrachteten Kategorien Wirtschaftsleistung, Regierungseffizienz, Unternehmenseffizienz und Infrastruktur verschlechtern.