Anleger hoffen darauf, dass nach einer US-Zulassung für Spot-basierte Bitcoin-ETFs hohe institutionelle Mittel in den Kryptomarkt fließen.© Bereitgestellt von Börsen-Zeitung
Krypto-Investoren machen die Rechnung ohne die Börsenaufsicht
Bitcoin-ETF
Rechnung ohne die Börsenaufsicht
Die SEC muss sich mit Zähnen und Klauen gegen einen Spot-basierten Bitcoin-ETF von Blackrock wehren.
Das Rennen um den ersten Spot-basierten Bitcoin-ETF der Vereinigten Staaten gewinnt deutlich an Fahrt und sorgt bei Krypto-Anlegern für Euphorie – die Marktteilnehmer machen die Rechnung diesbezüglich aber mal wieder ohne den Wirt. Und der Wirt heißt in diesem Fall SEC: Der US-Börsenaufsicht liegen mehrere Anträge großer Vermögensverwalter wie Blackrock, Invesco und Wisdom Tree zur Genehmigung eines direkt besicherten Bitcoin-Indexfonds vor, auch Fidelity plant angeblich einen solchen Vorstoß. Für viele Digital-Assets-Enthusiasten steht praktisch schon fest, dass die Vehikel schon bald Zulassung am weltweit wichtigsten Finanzplatz finden und über sie in großem Stil neue institutionelle Mittel in den globalen Kryptomarkt fließen werden.
Schließlich hat die Behörde in der Vergangenheit mehr als 30 Anträge auf Spot-Vehikel abgeschmettert. Dabei verwies sie wiederholt auf die geringe Liquidität, hohe Volatilität und starke Manipulationsanfälligkeit des Bitcoin-Spotmarktes. Mit der Investmentfirma Grayscale liegt die SEC deshalb im Rechtsstreit. Der Fondsanbieter wirft der Behörde ein widersprüchliches Vorgehen und Verstöße gegen das Wertpapierrecht vor. So habe die SEC Bitcoin-Indexfonds auf Basis von Futures bereits im Oktober 2021 zugelassen – in der Folge stieg die Cyberdevise damals auf ein Rekordhoch von rund 69.000 Dollar. Zuletzt hat die Börsenaufsicht sogar ein gehebeltes Vehikel auf Grundlage von Terminkontrakten durchgewinkt. Grayscale betont indes, dass die Börsenaufsicht verpflichtet sei, ähnliche Investmentprodukte kongruent zu regulieren.
Die Argumentation ist durchaus schlüssig, zumal die Begründung der SEC für ihre ablehnenden Bescheide zu direkten ETFs Lücken aufweist. Denn die Wechselkurse, die Bitcoin-Terminkontrakten zugrunde liegen, stellen auch nur ein Aggregat aus Daten verschiedener Kryptoplattformen dar. Wenngleich an den führenden Terminbörsen große Marketmaker unterwegs sind und für Liquidität sorgen, wirken sich eine hohe Volatilität oder Manipulationen im Spotmarkt also maßgeblich auf die Entwicklung im Futures-Handel aus. Warum ETFs, die auf Terminkontrakten beruhen, einen grundlegend höheren Schutz bieten sollten als Spot-Vehikel, erschließt sich damit nicht.
Das Problem für Produktanbieter: Wie sinnvoll die Argumentation der SEC sich wirklich darstellt, ist überhaupt nicht mehr entscheidend. Die Aufsicht hat sich in den vergangenen Jahren zu stark verkämpft. Spot-ETFs von Blackrock oder Invesco freizugeben hieße nun effektiv, die eigene Position im Rechtsstreit mit Grayscale aufzugeben. Und eine De-facto-Niederlage gegen die Kryptofirma würde einen Gesichtsverlust für die SEC und ihren Vorsitzenden Gary Gensler bedeuten.
Dies könnte besonders deshalb folgenreich werden, weil die Behörde hart gegen eine ganze Reihe von Digital-Assets-Dienstleistern vorgeht. Derzeit verfolgen die Marktteilnehmer gebannt die Klagen der SEC gegen die Handelsplattformen Binance und Coinbase, läuft speziell letzterer Fall doch auf eine Grundsatzentscheidung zur Kryptoregulierung in den USA hinaus. Denn während des Prozesses dürfte sich klären, ob Genslers Überzeugung, dass praktisch alle Cyberdevisen außer Bitcoin nicht registrierte Wertpapiere darstellen, rechtlich wasserfest ist. Ließe die Aufsicht in einer anderen fundamentalen Debatte zum Digital-Assets-Markt, jener zur Freigabe von Spot-ETFs, ihre Position fallen, würde dies trotz unterschiedlicher juristischer Sachverhalte vor allem ein Signal an andere Vertreter des Kryptosegments senden: Die mächtige Behörde knickt ein. Doch die SEC kann es sich nicht leisten, ein solches Bild abzugeben.