Die Arbeitslosigkeit in Großbritannien ist überraschend gestiegen, die Regierung sucht händeringend nach neuen Einnahmequellen – und Ausgaben, die sie kappen kann. All das hätte sich verhindern lassen, sagt ein Top-Ökonom.
Britischer Ex-Zentralbanker: »Ohne Brexit müssten wir keinen Sparhaushalt diskutieren«© NEIL HALL / EPA
Er sei nach seinem Ausscheiden aus dem geldpolitischen Gremium der Bank of England ja nun endlich frei, wie falle da denn sein Fazit zur Wirtschaftspolitik des Vereinigten Königreiches aus, wollte die Moderatorin von Ex-Zentralbanker Michael Saunders wissen. Es war die perfekte Überleitung zu einer geharnischten Abrechnung: Ökonom Saunders, im August 2022 nach sechs Jahren bei der britischen Zentralbank ausgeschieden, nahm im Gespräch mit »Bloomberg TV« kein Blatt vor den Mund.
Arbeitslosigkeit steigt überraschend an
Der Grund dafür sei nicht in erster Linie die Pandemie – sondern der Austritt Großbritanniens aus der EU. »Die gesamte britische Volkswirtschaft ist dauerhaft beschädigt worden durch den Brexit«, so Saunders. »Wäre der Brexit nicht gewesen, dann müssten wir wahrscheinlich nicht über einen Sparhaushalt diskutieren. Die Notwendigkeit für Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen wäre nicht da«. Die Regierung stehe vor der großen Herausforderung, irgendwie das Wirtschaftswachstum anzukurbeln.
Die Vorzeichen dafür stehen aktuell nicht gut. So ist die Arbeitslosigkeit in Großbritannien überraschend gestiegen – anders als von Experten erwartet. Die Erwerbslosenquote stieg im Zeitraum Juli bis September auf 3,6 Prozent, wie das Statistikamt ONS am Dienstag mitteilte. Im September lag die Quote sogar bei 3,8 Prozent. Damit zeigen sich erste Auswirkungen der konjunkturellen Talfahrt.