Doch im Mai brach dieser Algorithmus zusammen und konnte die Bindung zum Dollar nicht mehr halten, der UST rutschte ab und vernichtete Milliarden. "Davon spüren wir nach wie vor die Auswirkungen, viele große Player im Krypto-Bereich hatten hier Positionen", erklärt Maximilian Bruckner vom Schweizer Investmentberater 21e6 Capital, der sich auf Kryptoanlagen für institutionelle Anleger spezialisiert hat.
"Bei solchen Events drohen Kettenreaktionen"
Auch wenn Terra (Luna) nicht so beliebt war wie Bitcoin oder Ethereum – in der Branche hatte das System große Bekanntheit und genoss Vertrauen. Dadurch schlug der Absturz umso heftiger in den Markt ein und ließ auch andere Währungen und Dienstleister straucheln.
Einer der großen Wackelkandidaten ist aktuell der Dienstleister Celsius. Das Netzwerk bietet Kunden an, Darlehen in Kryptowährungen zu erhalten oder die eigenen Kryptowährungen gegen Zinsen zu verleihen. Eine Besonderheit des Anbieters war, dass Kunden Kredite in Dollar aufnehmen konnten und dafür ihre Kryptowährungen hinterlegt haben. Sie mussten also nicht ihre Kryptowährungen verkaufen und so mögliche Kurszuwächse in der Zukunft aus der Hand geben oder Steuern auf ihre Gewinne zahlen.
Doch der Terra-Luna-Crash hat auch Celsius in Bedrängnis gebracht. Nutzer können zum Beispiel keine Beträge mehr von ihren Konten abheben: So versucht das Unternehmen, die Liquidität zu bewahren. Doch viele Anleger sind skeptisch, ob das reicht. "Das Geschäftsmodell wackelt extrem, es wird von einer Insolvenz gesprochen", sagt auch Bruckner.
2. Starke Hebel an den Märkten
Die strauchelnden Coins haben deswegen auch eine solche Wirkung auf den Markt, da viele Anleger ihre Positionen gehebelt haben. "Bei solchen Black Swan Events drohen durch die starke Hebelung Kettenreaktionen", erklärt Bruckner.
In einem Bullenmarkt, in dem es im vergangenen Jahr nur bergauf ging, waren damit große Gewinne einzufahren. In einem Bärenmarkt schlagen diese Hebel aber in die umgekehrte Richtung umso stärker ein. Denn wenn es bei einem stark gehebelten Produkt zu rasanten Kurseinbrüchen kommt, folgen sogenannte Margin Calls, erklärt Michael Geike, CEO des Krypto-Venture-Unternehmen Blockchain AG, im Gespräch mit t-online.
Der Herausgeber, bei dem die Anleger das gehebelte Produkt auf Margin, also auf Pump gegen eine Sicherheitsleistung, gekauft haben, verlangt in diesem Fall eine höhere Sicherheit.
Kann der Anleger diese Sicherheit nicht geben, verkauft der Herausgeber das Produkt, etwa Coins einer Kryptowährung. Dadurch wird der Preis weiter in die Tiefe gedrückt und andere Anleger geraten unter Druck, ihre Positionen ebenfalls zu verkaufen.
Dabei können nicht nur Privatanleger ins Straucheln geraten, sagt Experte Bruckner: "Einer der größten Krypto-Fonds, Three Arrows Capital, hat genau dieses Problem." Weitere Kurseinbrüche könnten in diesem Fall schwere Konsequenzen haben. "Dadurch droht weiterer Verkaufsdruck und Liquidationen in Milliardenhöhe", so Bruckner. Das Gebot der Stunde am Kryptomarkt lautet daher vor allem Eindämmung – damit nicht noch weitere Steine ins Rollen kommen.