Das Land hat noch immer eine Schuldenquote von 171 Prozent des BIP. Foto: IMAGO/ANE Editiondata-portal-copyright=© Bereitgestellt von Handelsblatt
Die wiedergewählte konservative Regierung in Athen kommt beim Abbau der Schulden voran. Premier Mitsotakis will die Schuldenquote bis 2027 um 30 Prozentpunkte senken.
Der neue griechische Wirtschafts- und Finanzminister Kostis Chatzidakis will die Tür zur Rückkehr des Landes in die Liga der investitionswürdigen Schuldner öffnen. Für einen wichtigen Schritt auf diesem Weg will die griechische Regierung die Hilfskredite aus der Zeit der Staatsschuldenkrise vorzeitig tilgen.
Bis zum Ende dieses Jahres will das Land zwei Kreditraten von je 2,65 Milliarden Euro früher als vorgesehen zurückzahlen. Das kündigte der konservative Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis kürzlich im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Bloomberg an. Es handelt sich um bilaterale Hilfskredite der Euro-Staaten aus dem Jahr 2010, die regulär 2024 und 2025 fällig werden.
Mitsotakis, der bei den Parlamentswahlen Ende Juni eine zweite Amtszeit gewann, erwartet eine Rückkehr des Landes zum Investmentgrade vor dem Ende dieses Jahres. Damit würden griechische Staatsanleihen auch für institutionelle Investoren handelbar, die diese Papiere wegen ihres Ramsch-Status bisher nicht kaufen können. Ein Upgrade würde die Finanzierungsbedingungen nicht nur für den Staat, sondern auch für die griechische Wirtschaft verbessern.
Dass griechische Schuldpapiere gefragt sind, zeigte vergangene Woche auch der erste Marktauftritt nach den Wahlen. Die staatliche Schuldenagentur PDMA nahm mit einer 15-jährigen Anleihe 3,5 Milliarden Euro auf. Der Bond war 3,8-fach überzeichnet, die Nachfrage also deutlich höher als das Angebot. Der Kupon beträgt 4,35 Prozent. Die Emissionsrendite der Anleihe lag mit 4,45 Prozent unter der ursprünglichen Prognose von 4,5 Prozent.
Weniger hoch verzinste Wertpapiere
Unmittelbaren Geldbedarf hat Griechenland nicht. Das Land verfügt über einen Liquiditätspuffer von beachtlichen 34 Milliarden Euro. Das entspricht etwa dem Refinanzierungsbedarf der kommenden drei Jahre. Mit der Emission wollte die PDMA vor allem kontinuierliche Präsenz am Markt zeigen. Außerdem verbessert Griechenland mit der Neuemission sein Schuldenprofil mit einer Verlängerung der durchschnittlichen Laufzeit.
Dem gleichen Ziel dient auch die Rücknahme von zwei relativ jungen Wertpapieren, eines fünfjährigen Bonds aus dem Jahr 2019 sowie einer Sieben-Jahres-Anleihe aus dem Jahr 2018. Die Papiere haben ein Volumen von zusammen 5,5 Milliarden Euro. Die PDMA nimmt sie zu einem Kurs von 100,15 zurück. Man erwartet, dass das Angebot auf großes Interesse der Anleger stoßen wird, denn die Liquidität der beiden Anleihen ist gering.
Mit dem Barrückkauf zieht sich Griechenland weiter aus dem Markt der relativ hoch verzinsten Wertpapiere mit kurzen Laufzeiten zurück, verringert seinen Refinanzierungsbedarf der nächsten Jahre und schreibt Schulden ab. Das ist ein wichtiges Signal an die Finanzmärkte und die Ratingagenturen: Griechenland verbessert sein Schuldenprofil und verringert gleichzeitig die Schuldenlast.
Die Wirtschaft muss noch aufholen
Schritte zum Schuldenabbau gelten als eine wichtige Voraussetzung für eine Heraufstufung zum Investmentgrade. Griechenland hat seine Schuldenquote zwar in den vergangenen Jahren stärker gesenkt als jedes andere EU-Land, nämlich um 35 Prozentpunkte von 206,3 Prozent im Jahr 2020 auf 171,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) Ende 2022. Es hat damit aber in der EU immer noch die höchste Staatsverschuldung in Relation zur Wirtschaftsleistung.
Mitsotakis bekräftigte in seiner Regierungserklärung das Ziel, die Staatsschuldenquote bis Ende dieses Jahres auf 162 Prozent und bis zum Ende der Legislaturperiode Mitte 2027 unter 140 Prozent des BIP zu drücken. Damit würde Griechenland die Rolle des EU-Landes mit der höchsten Schuldenquote voraussichtlich an Italien abtreten. Helfen soll dabei das starke Wirtschaftswachstum. Die griechische Zentralbank erwartet für dieses Jahr ein Plus beim BIP von 2,2 Prozent. Für 2024 und 2025 setzen die Volkswirte der Notenbank drei und 2,7 Prozent an.
Damit gehört Griechenland zu den Wachstumschampions in der EU. Der Nachholbedarf ist allerdings auch groß. Die Folgen der Staatsschuldenkrise sind immer noch spürbar. Vor der Krise erreichte das statistische Pro-Kopf-Einkommen in Griechenland nach Berechnungen der Athener Notenbank 70 Prozent des EU-Durchschnitts. Heute sind es nur 55 Prozent.