Mitarbeiter einer Gasverarbeitungsanlage in Rumänien© AFP
Eines der größten Erdgasprojekte in der EU entsteht 170 Kilometer vor der rumänischen Schwarzmeerküste. Für 4 Milliarden Euro wollen dort der teilstaatliche österreichische Energiekonzern OMV sowie der überwiegend in Staatshand befindliche rumänische Konzern Romgaz ein Gasvorkommen erschließen. Dessen förderbares Volumen wird auf 100 Milliarden Kubikmeter geschätzt, was rechnerisch mehr als einen deutschen Jahresbedarf decken würde. Die OMV, die als Projektführer im Gemeinschaftsunternehmen die lange erwartete Entscheidung am Mittwoch bekannt gab, erwartet den Produktionsbeginn in vier Jahren. OMV-Aktien zogen nach Bekanntgabe um knapp 2 Prozent an.
„Dank Neptun Deep wird Rumänien der größte Erdgasproduzent in der EU werden und eine zuverlässige und sichere Energiequelle für die Region darstellen“, sagte der am Vortag bis 2026 im Amt bestätigte OMV-CEO Alfred Stern. Das Investment stärke die Position der Gruppe in der Schwarzmeerregion und in Südosteuropa. OMV Petrom, die für das Projekt verantwortliche OMV-Tochtergesellschaft, erwartet, dass ihr operativer Gewinn (Ebit) 2030 wegen des Projektes um die Hälfte höher ausfällt.
Verbindung zu Gazprom
Er freue sich, dass langjährige Bemühungen nun Früchte trügen, sagte Stern. Das war eine Anspielung auf die Vorlaufzeit des Projektes, das bis 2008 zurückreicht. Vor elf Jahren war das Gasfeld bestätigt worden, doch hatten Streitigkeiten mit der rumänischen Regierung um Steuern und Abgaben das Projekt verzögert. Darüber war der frühere Partner, der US-Ölkonzern Exxon Mobil, abgesprungen. Dessen Hälfte hatte Romgaz für mehr als eine Milliarde Dollar übernommen. Die seit 2021 regierende Koalitionsregierung hatte mit neuen Steuergesetzen den Weg für die Investition bereitet.
Große Vorkommen in Rumänien
Das zur Ausbeutung anstehende Gebiet erstreckt sich über 7500 Quadratkilometer und liegt in einer Tiefe von bis zu 1000 Metern. Die bisherigen Ausgaben summieren sich laut OMV auf 1,5 Milliarden Euro. Die für die Erschließung der Erdgasfelder Domino und Pelican South nötige Infrastruktur umfasse zehn Bohrungen, drei Unterwasserproduktionssysteme und die dazugehörigen Leitungen, eine Offshore-Plattform sowie die Haupterdgasleitung zur Stadt Tuzla östlich von Bukarest und eine Messstation.
Neptun ist nicht das erste und einzige Offshore-Vorkommen in Rumänien, aber das größte. Das Land verfügt über große, auch landgebundene Vorkommen, Importe decken nur einen kleinen Teil seines Verbrauchs. Auch die Schwarzmeer-Anrainer Ukraine und Bulgarien haben Offshore-Vorkommen festgestellt, die aber – auch wegen des russischen Überfalls – nicht ausgebeutet werden. Im Süden hat die Türkei mit der Gasförderung begonnen. Sie ist indirekt an dem Neptun-Projekt beteiligt. Vorige Woche hatte der türkische Kalyon-Konzern die Ausschreibung für den Bau einer 500 Millionen Euro teuren und 308 Kilometer langen Gaspipeline gewonnen. Sie soll den Gastransport vom Schwarzen Meer zum nationalen und internationalen Gasfernleitungsnetz sicherstellen.
Stern hob hervor, Neptun sei „eine wichtige strategische Säule“ in der Strategie 2030 für eine nachhaltigere Energieversorgung. OMV Petrom arbeite an CO2-armen Energielösungen, um den steigenden Energiebedarf zu decken. Umweltgruppen bewerteten das Investment in die CO2-Technologie dagegen kritisch. Das Projekt würde die Artenvielfalt im Schwarzen Meer bedrohen und die Klimakrise befeuern, warnte Greenpeace. Statt fossile Projekte zu finanzieren, solle OMV besser „den eigenen Betrieb auf einen klimaneutralen und kreislaufwirtschaftlichen Kurs bringen“.
OMV will bis 2030 die Öl- und Gasproduktion um ein Fünftel senken und bis 2050 zur Energiegewinnung völlig einstellen. Als Brückentechnologie zur Nutzung erneuerbarer Energien werde der Gasanteil bis dahin auf mehr als 60 Prozent steigen.