Die Griechen geben Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis erneut ein klares Mandat. Für die Regierungsbildung reicht es aber trotzdem nicht. Die Wähler müssen erneut an die Urnen – womöglich schon im nächsten Monat.
Trotz eines Erdrutschsiegs der konservativen Regierungspartei bei der Parlamentswahl steht Griechenland gleich wieder vor einer Neuwahl. Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis berief sich nach seinem Erfolg am Sonntagabend in Athen dabei auf einen klaren Auftrag der Wähler. Seine Partei Nea Dimokratia (ND) lag nach Auszählung fast aller Stimmen bei etwa 40,8 Prozent – ein Plus von etwa einem Prozentpunkt im Vergleich zur Wahl 2019. Wegen Änderungen im griechischen Wahlrecht müsste die bislang allein regierende ND nun jedoch eine Koalition eingehen.
Mitsotakis schloss ein Bündnis mit anderen Parteien aber aus, sodass es wahrscheinlich zu einer Neuwahl kommt. „Dass wir allein regieren, ist der einzige Weg, die Reformen umzusetzen, die wir planen und die das Land auch braucht“, sagte der konservative Regierungschef. Eine handlungsfähige Regierung könne es nicht mit unsicheren parlamentarischen Kombinationen und politischem Feilschen geben. Beides führe in die Sackgasse. Mitsotakis ließ durchblicken, dass die Neuwahl bereits im nächsten Monat stattfinden könnte.
Anhänger des griechischen Ministerpräsidenten Mitsotakis dpa/Petros Giannakouris© Bereitgestellt von WELT
Kyriakos Mitsotakis (M.) kommt am Sitz seiner Partei an dpa/Petros Giannakouris© Bereitgestellt von WELT
Chancen auf die alleinige Macht nach einer weiteren Wahl haben die Konservativen wegen einer Besonderheit im Wahlrecht des EU- und Nato-Landes mit seinen etwa 0,5 Millionen Einwohnern. Bei der aktuellen Wahl galt das einfache Verhältniswahlrecht: Rechnerisch müssen eine oder mehrere Parteien 48 Prozent der Stimmen auf sich vereinen, um regieren zu können. Bei den nächsten Wahlen hingegen erhält die stärkste Partei automatisch mindestens 20 Sitze im Parlament zusätzlich – damit käme die ND voraussichtlich wieder allein an die Regierung.
Drittstärkste Kraft wurde die sozialdemokratische Pasok mit etwa 11,6 Prozent (2019: 8,1 Prozent). Den Sprung ins Parlament schafften auch die Kommunisten mit 7,1 Prozent und die rechtspopulistische Elliniki Lysi mit 4,4 Prozent. Die Linkspartei Mera25 von Ex-Finanzminister Giannis Varoufakis und die ultrakonservative Niki scheiterten an der Drei-Prozent-Hürde.
„Politische Kämpfe haben Siege, aber auch Niederlagen“, sagte Wahlverlierer Tsipras am späten Abend. „Unsere Parteigremien werden sofort tagen, um die Ergebnisse zu analysieren.“ Die nächste Wahl stehe bald an. Man müsse also schnell Änderungen vornehmen, um den bestmöglichen Wahlkampf zu liefern.
Syriza hatte mit einer massiven Aufstockung des Sozialstaats um Stimmen geworben, wollte Renten und Mindestlohn erhöhen und die Wirtschaft stärker besteuern. Das verfing aber offensichtlich weniger als das Programm der Konservativen, das Land nach der schweren Finanzkrise des vergangenen Jahrzehnts weiter zu stabilisieren und die Wirtschaft auf Vordermann zu bringen. Viele Wähler nehmen Tsipras außerdem bis heute seine Regierungszeit während der schweren Finanzkrise des Landes übel. Damals war er gezwungen, harte Sparprogramme umzusetzen.