Straßburg. Nicht weniger als 54 EU-Institutionen standen im EU-Parlament mit ihren Haushalten zur Entlastung an. Ein scheinbar spröde-administrativer Akt. Doch die Begleitmusik hat teilweise Brisanz.
EU-Abgeordnete im Plenarsaal in Straßburg.
Die EU-Parlamentarier sind es gewohnt, mit ihren elektronischen Abstimmungsgeräten Entscheidungen im Sekundentakt zu treffen. Damit wird das wochenlange Ringen im Vorfeld auf Knopfdruck-Routine reduziert. Doch die Tragweite ist mitunter von besonderer Bedeutung. So wie es in der Begleitmusik zur Entlastung der Haushalte von 54 EU-Institutionen an diesem Mittwoch in Straßburg deutlich wird. Denn die Beschlüsse betrafen auch den eigenen Etat des Parlamentes. Und der steht unter dem Eindruck einer drohenden Insolvenz eines Sonderfonds für üppige Parlamentarier-Pensionen, wenn nicht Dutzende Millionen an Steuerzahlergeld nachgeschossen werden.
So hatte denn Grünen-Abgeordneter Daniel Freund einen Antrag zur Entlastung des Haushaltes eingebracht, wonach alle aktuellen und ehemaligen Abgeordneten aufgefordert werden sollen, sich aus dem Fonds zurückzuziehen. Auch in den anderen Fraktionen gibt es die Überzeugung, dass künftig Leistungen aus anderen Pensionsansprüchen der Parlamentarier verrechnet werden sollten. Doch eine Mehrheit gab es für den Anlauf der Grünen nicht, mit dem Aufräumen jetzt zu beginnen. „Die Millionen-Altlast wird nicht durch Weggucken verschwinden“, kritisierte Freund nach der Abstimmungsniederlage. Auch wenn es kein Votum des Parlamentes gegeben habe, seien ehemalige EU-Abgeordnete gleichwohl aufgerufen, sich umgehend aus diesem Fonds zurückzuziehen, wenn sie bereits anderweitig versorgt seien. „Es kann nicht sein, dass wir diesen Pleitefonds für Zusatzrenten jetzt mit Steuergeldern retten“, meinte Freund.
Eine klare Mehrheit von 356 gegen 199 Stimmen gab es hingegen für eine andere Entschließung, in der sich das Parlament angesichts der steigenden Verpflichtungen der europäischen Institution dringend für die Erschließung eigener EU-Einnahmequellen ausspricht. „Sehr besorgt“ zeigen sich die Abgeordneten darüber, dass allein die Zahlungsverpflichtungen aus dem Aufbaufonds für umweltfreundliche Technologien und klimaneutralen Verkehr eine Finanzierungslücke von jährlich 15 Milliarden Euro aufweist. Weitere Risiken seien mit dem Angriffskrieg Russlands, der Inflation und dem globalen Umbau der Wirtschaft verbunden. Als EU-eigene Einnahmequellen sieht das Parlament unter anderem eine Finanztransaktionssteuer, eine Steuer auf Aktienrückkäufe und eine stärkere Besteuerung von Unternehmen vor.
Fortschritte sieht die Vorsitzende des Haushaltskontrollausschusses, Monika Hohlmeier (CSU) zwar in der Nachverfolgbarkeit der Mittel, die über den Corona-Wiederaufbaufonds abfließen. Die Mitgliedstaaten und die Kommission teilten jedoch weiterhin nicht mit, wie viel Geld konkret die Wirtschaft erreiche. Ein weiteres Problem liege im langsamen Abfluss der Mittel.
Probleme haben die Linken mit dem Umstand, dass auch der Haushalt der EU-Grenzschutzagentur Frontex grünes Licht bekam. „Alle, die heute für die Haushaltsfreigabe gestimmt haben, machen sich zum Komplizen schwerer Menschenrechtsverletzungen“, meinte Linken-Abgeordnete Cornelia Ernst.