Alessandro Chiocchetti (M.), Generalsekretär des Europäischen Parlaments, im Gespräch mit EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola (l.) und einer weiteren Person.© Jean-Francois Badias/AP/dpa
Ein umstrittener Rentenfonds für Europaabgeordnete sorgt für neue Diskussionen. Die Grünen-Fraktion des Europäischen Parlaments forderte in Brüssel Profiteure auf, wenn möglich auf ihre Zahlungsansprüche aus dem Fonds zu verzichten. Hintergrund ist die Gefahr, dass dem Fonds die Zahlungsunfähigkeit droht und er mit Steuergeldern aufgestockt werden müsste.
Einem Brief des Generalsekretärs des Parlaments, Alessandro Chiocchetti, an das Präsidium zufolge fehlen rund 310 Millionen Euro. Der Brief liegt der Deutschen Presse-Agentur vor.
Gemeint ist der sogenannte Freiwillige Pensionsfonds. In diesen hatten EU-Abgeordnete und das Parlament bis 2009 eingezahlt, um später eine zusätzliche Pension zu beziehen. In den vergangenen Jahren war immer wieder Kritik an dem Fonds laut geworden.
Der Grünen-Abgeordnete Daniel Freund sagte, wer bereits anderweitige öffentliche Pensionsansprüche habe, dürfe kein Geld aus diesem Fonds bekommen. «Es dürfen keine weiteren Steuer-Euros mehr in diese Zusatzrenten für Lords, EU-Kommissare und gut versorgte Politiker fließen.»
Mehr als 900 frühere und amtierende EU-Abgeordnete haben Anspruch
Tatsächlich geht dem Fonds das Geld aus. Ende vergangenen Jahres verfügte er noch über Anlagen im Wert von 50 bis 55 Millionen Euro, wie Chiocchetti schreibt. Langfristig würden aber 363 Millionen Euro gebraucht, um die Ansprüche der Abgeordneten abzudecken. Der Fonds könne daher bereits Ende 2024 pleitegehen.
Einem Bericht des «Tagesspiegels» in Kooperation mit dem Journalistenteam «Investigate Europe» zufolge haben mehr als 900 frühere und amtierende EU-Abgeordnete Anspruch auf die zusätzlichen Zahlungen. Unter ihnen seien unter anderem der designierte Botschafter in Moskau, Alexander Graf Lambsdorff, Brexit-Vorkämpfer Nigel Farage oder auch die rechtsnationale französische Politikerin Marine Le Pen. Eine Anfrage der dpa ließen sie zunächst unbeantwortet.