Die Kommission ist unzufrieden mit den Reformen des autoritären Regierungschefs von Ungarn. Daher wird die Behörde vorschlagen, Fördergeld in Milliardenhöhe einzufrieren.
Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán im Parlament in Budapest: Er hat nach Ansicht der EU-Kommission Reformversprechen nicht erfüllt.© Bernadett Szabo/Reuters
EU macht Ernst bei Orbán
Die EU-Kommission ist unzufrieden mit den Reformbemühungen in Ungarn und will daher bis zu 7,5 Milliarden Euro Fördergelder für die kommenden fünf Jahre einfrieren. Die Regierung des autoritären Ministerpräsidenten Viktor Orbán hat bis vergangenen Samstag Zeit gehabt, der Brüsseler Behörde Fortschritte im Kampf gegen Korruption zu präsentieren. Die Kommission hatte mit Budapest 17 Reformen vereinbart, um das Zurückhalten der Mittel abzuwenden. Doch wichtige Maßnahmen seien nicht richtig umgesetzt worden; bei anderen fehlten Informationen, heißt es aus der Kommission. Am Mittwoch kommender Woche soll die Behörde ihre Einschätzung verabschieden - und wird dort wohl empfehlen, tatsächlich Fördermittel zu kappen, wie Insider sagen.
Im
September drohte Haushaltskommissar Johannes Hahn, 7,5 Milliarden Euro einzufrieren, wenn Orbán nicht bis Mitte November 17 Reformen umsetzt, die den Kampf gegen Korruption und Vetternwirtschaft verbessern. Vorige Woche, kurz vor Fristende, warnten EU-Diplomaten und Europaabgeordnete unabhängig
voneinander, die Kommission plane offenbar, Orbán das Erfüllen der Versprechen zu bescheinigen - obwohl Kritiker viele Mängel sehen. Diese Befürchtung scheint sich nicht zu bewahrheiten.
Auch für Corona-Hilfen muss Ungarn Reformen vorweisen
Daneben gibt es einen weiteren milliardenschweren Konflikt. Ungarn hat sich als einziger EU-Staat noch nicht mit der Kommission auf einen Reform- und Investitionsplan für den Corona-Hilfstopf geeinigt, es geht um 5,8 Milliarden Euro an Zuschüssen bis Ende 2026, die nicht zurückgezahlt werden müssen. Die Kommission verlangt, dass auch dieser Plan Maßnahmen gegen Korruption und außerdem Justizreformen vorsieht. Hier sollen Meilensteine festgelegt werden: Neue Tranchen werden nur überwiesen, wenn Ungarn diese Zwischenziele erreicht.
Gelingt die Verständigung auf den Reform- und Investitionsplan nicht bis Jahresende, verfallen 70 Prozent der Zuschüsse. Doch offenbar wird die Kommission eine Einigung auf den Plan verkünden, gleichzeitig mit dem negativen Urteil beim Rechtsstaatsmechanismus. Orbán weiß dann, welche Meilensteine er bei Justiz und Korruptionsbekämpfung erreichen muss, um die Zuschüsse zu erhalten. Sollte Brüssel wegen des Rechtsstaatsmechanismus Milliarden einfrieren, könnten solche Fortschritte ebenfalls helfen, diese wieder loszueisen. Ohne Fortschritte würde es hingegen kein Geld geben.