Autofreie Sonntage, strengere Tempolimits, Zeitumstellung: Die Ölkrise der 1970er Jahre hatte Auswirkungen auf unser Leben, die wir teils bis heute spüren. Damals bestand die Hoffnung, durch den Zeitsprung im Frühjahr und der Stunde mehr Schlaf im Herbst signifikant Energie zu sparen. Das Kalkül ging, so viel weiß man heute, nicht auf. Genau diesen Punkt führen nun Kritiker der Zeitumstellung ins Feld. Eine ewige Sommerzeit würde sogar Energie sparen, heißt es.
Am letzten Sonntag im Oktober beginnt die sogenannte Winterzeit. In der Nacht von Samstag auf Sonntag werden die Uhren von 3 Uhr auf 2 Uhr zurückgestellt.© Sina Schuldt/dpa
So sagte Korbinian von Blanckenburg, Professor an der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe, der «Rheinischen Post»: «Je heller es abends ist, desto weniger Strom wird verbraucht.» Er spricht von einem Einsparpotenzial von bis zu 700 Millionen Euro pro Jahr bei dauerhafter Sommerzeit. Wird eine Energiekrise also nun vom Geburtshelfer zum Totengräber der Zeitumstellung?
Die Lage ist komplex
Ganz so einfach ist es nicht. Christoph Mordziol vom Umweltbundesamt (UBA) betont etwa, dass nicht nur der Stromverbrauch zu Hause berücksichtigt werden müsse. «Bei geändertem Freizeitverhalten kann man annehmen, dass Aktivität außerhalb des Hauses zu Energieverbrauchssteigerungen im Verkehrs- und im Freizeitsektor führt.»
Nur wenig Einsparpotenzial bei Licht
Die Zeitumstellung spare keine Energie, heißt es auf der UBA-Website. Mehr Erfolg habe man etwa durch weniger heizen und mehr Dämmung. Kurz duschen statt baden und effiziente Geräte bei energieintensiver Haushaltselektronik wie Kühlschrank und Herd gehören den Angaben zufolge zu den Bereichen, wo sich mit am meisten sparen lässt.
Eine Sprecherin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft geht ebenfalls von geringen Auswirkungen bei einer Abschaffung der Zeitumstellung aus. «Zwar wird durch die Zeitumstellung im Sommer tatsächlich an hellen Sommerabenden weniger Strom für Licht verbraucht, dafür wird im Frühjahr und Herbst in den Morgenstunden hingegen mehr geheizt.» Das hebe sich gegenseitig auf. «Der Dreh am Zeiger zur Winter- und Sommerzeit bringt demnach keine spürbare Energieeinsparung», so die Sprecherin.
Auch die EU-Kommission spricht von unwesentlichen Einsparungen durch die Zeitumstellung. Die Brüsseler Behörde verweist auf unterschiedliche Faktoren, die je nach geografischer Lage eines Landes Auswirkungen auf den Energieverbrauch hätten. «Einige Studien deuten darauf hin, dass die Sommerzeit in Verbindung mit mehr Freizeitaktivitäten im Freien positive Auswirkungen haben könnte», heißt es zudem. Aber es gebe auch Forschungsergebnisse, die darauf hindeuteten, dass gesundheitliche Auswirkungen wie auf den Biorhythmus gravierender sein könnten als bisher angenommen.
Abschaffung nicht auf der Tagesordnung
Eine aussichtsreiche Initiative, die Zeitumstellung wirklich abzuschaffen, ist derzeit nicht in Sicht. Die Präsidentschaft unter den EU-Ländern - derzeit hat Tschechien das Ruder in der Hand - hat das Thema nicht auf die Tagesordnung gesetzt.
So wird - wie kommenden Sonntag - wohl noch öfter an der Uhr gedreht. Die Sonne geht ab Ende der Woche dann im Westen Deutschlands schon gegen 17.10 Uhr, im Osten sogar noch eine gute halbe Stunde früher unter. Dabei ist der ständige Wechsel vor allem in Deutschland unbeliebt. Eingeführt 1980 wegen angeblicher Einsparungen befeuert durch die Ölkrise in den 70er Jahren, hält sie sich seit mehr als 30 Jahren.
EU-Länder können sich nicht einigen
Zwar hat die EU-Kommission einen Vorschlag gemacht, wie die Umstellung abgeschafft werden könnte, aber die Staaten der Europäischen Union können sich nicht einigen. So liegt das Vorhaben seit längerem in Brüssel auf Eis.
Ein Streitpunkt: Käme die dauerhafte Sommerzeit, hieße das für Spanien im Winter Dunkelheit bis kurz vor 10.00 Uhr. Einigen sich alle auf Winterzeit, würde es in Warschau im Sommer schon um 3.00 Uhr hell. Die Zeitumstellung zweimal im Jahr dämpft diese Extreme.