Ab 2035 sollen in der EU nur noch E-Autos zugelassen werden – doch Zahlen einer Bundesbehörde wecken laut einem Medienbericht Zweifel an dem Vorhaben. Demnach wird ein kritischer Rohstoff für Batterien knapp.
© CLAUDIA MORALES / REUTERSElektroautos: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe warnt vor Lithium-Engpass
Ein Engpass bei Lithium bedroht den Umstieg auf Elektroautos – damit rechnet die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), wie das »Handelsblatt« berichtet. Zwar sei das in Batterien verwendete Metall grundsätzlich weltweit reichlich vorhanden, doch Förderprojekte verzögerten sich.
Teils blockierten Regierungen die rasche Entwicklung zusätzlicher Vorkommen, teils fehle es an privatem Kapital, um die Vorkommen zu erschließen. Weitere Unternehmen und Fachorganisationen teilen der Zeitung zufolge diese Einschätzung der Behörde. Sie gehört zum Bundeswirtschaftsministerium, geführt von Vizekanzler
Robert Habeck (Grüne).
Treffen die Annahmen zu, geriete auch der für das Jahr 2035 geplante Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor in der EU in Gefahr. Nach dem Willen der Kommission und des Parlaments sollen dann nur noch emissionsfreie Fahrzeuge zugelassen werden – also Elektroautos mit Batterien oder Wasserstoff-Brennstoffzelle.
Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner begründetet dies vor allem damit, dass Pkw mit Otto- oder Dieselmotoren in anderen Kontinenten auch in kommenden Jahrzehnten nachgefragt würden. Die europäische Autoindustrie liefe Gefahr, das Know-how für den Bau solcher Pkw zu verlieren, wenn sie sie auf dem Heimatmarkt nicht mehr verkaufen dürfe.
Konkret erwartet die BGR, dass die weltweite Nachfrage nach Lithium für Batterien bis 2030 auf 316.000 bis mehr als 550.000 Tonnen pro Jahr anwachsen wird. Davon würden etwa 90 Prozent für Lithium-Ionen-Batterien benötigt, die in Elektroautos eingebaut werden. Dann würden bis zu 300.000 Tonnen Lithium pro Jahr fehlen. 2020 wurden dem Bericht, zufolge weltweit 82.000 Tonnen Lithium produziert.
Rohstoff-Prognosen sind mit Vorsicht zu genießen
Lithium ist zentraler Bestandteil von Fahrbatterien in Batterie-betriebenen Elektroautos. Der Rohstoff wird als Lithiumcarbonat gehandelt. Die Preise für dieses Material sind zuletzt stark gestiegen, weil die Nachfrage nach E-Autos weltweit zunimmt – dank staatlicher Vorgaben und steigender Spritpreise. Zugleich wächst die Kapazität der Batterien, sodass tendenziell mehr Lithium pro Fahrzeug benötigt wird.
Starke Preissteigerungen lösen in der Rohstoffindustrie allerdings häufig auch neue Investitionswellen in die Förderung aus. Dadurch kann das Angebot stärker steigen als vorhergesagt.
Prognosen zur Verfügbarkeit von Rohstoffen sind also grundsätzlich mit viel Vorsicht zu genießen. So erwarteten Fachleute bis Anfang der 2010er-Jahre lange, dass Öl knapp und stetig teurer werde. Doch dann lösten hohe Preise in den USA mit der neuen Fracking-Technologie ein Förderboom aus. Mehr Öl wurde verfügbar, die Preise sanken.
Europa ist überwiegend auf Importe angewiesen
Eine solche Entwicklung lässt sich indes nicht direkt auf den Rohstoff Lithium übertragen. Es dauert laut BGR fünf bis zehn Jahre, bis eine neue Lagerstätte erschlossen werden kann. Regierungen erschweren den Prozess vielfach, auch weil manche Staaten wie Chile oder Bolivien die Förderung selbst in die Hand nehmen wollen – teils, um eine eigene E-Auto-Industrie zu stärken.
Nationale Interessen könnten aus europäischer Sicht beim Lithium besonders problematisch werden. Nur ein Teil des global geförderten Metalls steht auf dem Weltmarkt zur Verfügung. In den USA beispielsweise hat die Regierung ein Gesetz reaktiviert, dass demzufolge Rohstoffe wie Lithium vorrangig in den USA selbst zum Einsatz kommen müssen. Großlieferant ist außerdem China, das selbst zum führenden Hersteller von Elektroautos aufsteigen will.
Europa ist dem »Handelsblatt«-Bericht zufolge laut BGR allerdings zu 56 Prozent auf Importe angewiesen. Damit gerate schon das Ziel der Bundesregierung in Gefahr, bis 2030 insgesamt 15 Millionen E-Autos auf die deutschen Straßen zu bekommen.