Vucic ist laut Beobachtern (
"WOZ") unterwegs vom vom Ultranationalisten zum Proeuropäer. Er betont, sein Land in die EU führen zu wollen, pflegt aber gleichzeitig enge Beziehungen zu Russland.
Diplomaten aus europäischen Hauptstädten sagen: Serbien muss sich für eine Seite entscheiden. Meint auch die deutsche Außenministerin. Annalena Baerbock in Brüssel:
„Wenn man Mitglied der EU werden will, was Serbien werden möchte, dann ist es zentral, in solchen Momenten auch die Außenpolitik der EU und entsprechend die Sanktionen mitzutragen.“
Die Erklärung der deutschen Außenministerin ist die erste direkte Botschaft an Belgrad, wie es sich angesichts des Krieges in der Ukraine verhalten soll. Das Votum bei den Vereinten Nationen, Russlands Aggression zu verurteilen und das Land aus dem UN-Menschenrechtsrat zu verdrängen, hat offenbar den Druck der Europäischen Union kaum verringert.
Zur Zeit scheinen weder die Rechtsstaatlichkeit noch der Dialog mit Pristina (Kosovo) für die europäische Integration Serbiens wichtig – was zählt, ist nur das Verhältnis zu Moskau, meinen Analysten. Und dass der stärkste Druck noch stärker werden könnte.
Suzana Grubješić, Politik-Analystin, früher stellvertretende Ministerpräsidentin Serbiens für Europäische Integration:
"Die neue deutsche Außenpolitik will offenbar Antworten auf die sehr komplizierte Frage: 'Für uns oder gegen uns?' Wer Sanktionen gegen Russland verhängt, ist für uns, wer keine Sanktionen verhängt, ist gegen uns.”
"ENORMER DRUCK"
Der serbische Präsident Aleksandar Vucic erklärte kürzlich, dass Serbien seit Beginn des Krieges enormem Druck und der Androhung von Sanktionen, dem Rückzug von Investoren und dem Stoppen der europäischen Integration ausgesetzt sei. Einige Analysten bezweifeln, dass Serbien diesem Druck standhält.
Schon vor knapp drei Jahren (Juli 2019) hatte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron Hoffnungen auf eine schnelle Westintegration des Landes gedämpft: Serbien sei auf dem Weg zur europäischen Integration, aber der Erweiterungsprozess liege auf Eis, bis alle internen Probleme der EU gelöst seien.
Nemanja Sitplija, "European Western Balkans" (Webportal):
"Ich meine, dass die EU und vor allem die großen Mitgliedsstaaten wie Deutschland und Frankreich erwarten, dass Serbien seine Außenpolitik ändert. Es muss nicht, seien wir realistisch, das ist Serbiens eigene Entscheidung. Aber aber ich bin überzeugt, dass dieser Druck heftiger wird.”
POPULÄRER PUTIN
Warum Putin in Serbien populär ist? Im Jahr 1999 bombardierte die NATO nach drei Kriegen im Zuge des Zerfalls von Jugoslawien - ohne Mandat des Uno-Sicherheitsrats - das sogenannte Restjugoslawien, also das heutige Serbien, Montenegro und den seit 2008 unabhängigen Kosovo. Der Westen, federführend die USA, wollten den ethnischen Massakern an Albaner:innen und Massenvertreibungen Einhalt gebieten. Moskau stand damals auf der Seite Belgrads und verhinderte durch sein Veto im UN-Sicherheitsrat die Legitimierung des militärischen Eingreifens.